Urlaubsanspruch – Hinweispflicht des Arbeitgebers
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Rechtsprechung zum Verfall von Urlaubsansprüchen – Obliegenheit des Arbeitgebers zum Tätigwerden
Infolge eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs aus 2019 sind Arbeitgeber verpflichtet, Arbeitnehmer rechtzeitig auf den Verfall von Urlaubstagen hinzuweisen. Ansonsten tritt der nicht genommene Urlaub zum Urlaubsanspruch des Folgejahres hinzu. Nach der Rechtsprechung verfällt der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub zum Ende des Kalenderjahres in der Regel nur dann, wenn der Arbeitgeber ihn zuvor über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt hat und der Arbeitnehmer den Urlaub aus freien Stücken nicht genommen hat, obwohl er durch den Arbeitgeber tatsächlich in die Lage versetzt wurde, den Urlaub rechtzeitig zu nehmen.
Dieser Information bedarf es nicht nur für die Anzahl der Urlaubstage, die dem Arbeitnehmer für das aktuelle Kalenderjahr zustehen, sondern auch für Resturlaubsansprüche aus dem Vorjahr, die in das neue Jahr übertragen wurden und mit Ablauf des 31.03. des aktuellen Jahres verfallen würden.
Für den Arbeitgeber ergeben sich folgende Obliegenheiten:
- Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer individuell aufzufordern, seinen noch offenen Urlaub zu nehmen. Ein alleiniger Hinweis auf die Anzahl noch offener Urlaubstage reicht nicht aus. Auch ein genereller Aushang am sog. „Schwarzen Brett“, mit dem Appell an die Belegschaft, ihren Resturlaub zu nehmen, wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Ebenso wenig genügt eine Angabe der Resturlaubstage in der Vergütungsabrechnung.
- Die Aufforderung muss hinreichend konkret formuliert sein. Ein allgemeiner Hinweis auf die Urlaubsregelung im Arbeits- oder Tarifvertrag, etwa dass der Urlaub innerhalb des Kalenderjahres zu nehmen ist, reicht nicht.
- Des Weiteren muss der Arbeitgeber klar aufzeigen, dass der Urlaub verfällt, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht vor Ablauf des Kalenderjahres bzw. des Übertragungszeitraums nimmt.
- Die Aufforderung zur Inanspruchnahme des Urlaubs muss rechtzeitig erfolgen. Die Mitteilung sollte zeitlich so erfolgen, dass der Arbeitnehmer unter Berücksichtigung der Anzahl der noch nicht genommenen Urlaubsstage vor deren endgültigen Verfall in die Lage versetzt wird, den Urlaub vollständig zu nehmen.
Aufforderung durch den Arbeitgeber/Muster
Aus Beweisgründen sollte die Aufforderung des Arbeitgebers in Schriftform erfolgen und dem Arbeitnehmer nachweisbar zugestellt werden.
Nach Auffassung des BAG kann der Arbeitgeber seine Mitwirkungsobliegenheiten regelmäßig zu Beginn des Kalenderjahres erfüllen. Sollten noch Resturlaubsansprüche bestehen, müssen diese ausdrücklich mit in den Hinweis aufgenommen werden.
Um die Nachdrücklichkeit und Ernsthaftigkeit zu betonen, kann es sinnvoll sein, die Unterrichtung insbesondere im Hinblick auf die Urlaubsansprüche aus dem aktuellen Jahr zu Beginn des 3. Quartals zu wiederholen.
Die Kerninformation zu Beginn des Jahres könnte bei noch bestehenden Resturlaubsansprüchen in etwa wie folgt lauten:
„Ihr Urlaubsanspruch: Aufforderung zur Inanspruchnahme Ihres Urlaubs
Sehr geehrte/r…,
Mit diesem Schreiben möchten wir Sie über Ihre noch bestehenden Resturlaubsansprüche sowie Ihre Urlaubsansprüche aus diesem Jahr informieren. Da es unser Bestreben ist, dass Sie Ihre Urlaubsansprüche vollständig ausschöpfen, möchten wir Sie auffordern, Ihren Urlaub rechtzeitig unter Beachtung der folgenden Informationen zu beantragen und zu nehmen.
Aus dem Jahr… (Vorjahr) haben Sie noch … (Anzahl) nicht genommene Urlaubstage, die in das Jahr … (aktuelles Jahr) übertragen wurden. Diese Urlaubstage müssen bis zum 31.03. dieses Jahres genommen werden, da sie ansonsten ersatzlos verfallen. Eine Verlängerung des Übertragungszeitraums bis zum 31.12. dieses Jahres kommt nur in Betracht, wenn sie wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit den noch offenen Resturlaub aus dem Vorjahr nicht bis zum 31.3. dieses Jahres nehmen konnten. Bitte beantragen Sie daher Ihren Resturlaub so rechtzeitig, dass er noch innerhalb des Übertragungszeitraums genommen werden kann.
Für das Jahr … (aktuelles Jahr) haben Sie … (Anzahl) Arbeitstage Urlaub. Wir weisen Sie darauf hin, dass Sie diesen Urlaub in diesem Kalenderjahr beantragen und nehmen müssen, da er ansonsten zum 31.12 dieses Jahres ersatzlos verfällt, es sei denn, die Urlaubsgewährung ist aus dringenden betrieblichen Gründen oder aus einem in Ihrer Person liegenden Grund nicht möglich. Bitte beantragen Sie daher Ihren Urlaub so rechtzeitig, dass er noch innerhalb dieses Kalenderjahres genommen werden kann.
Mit freundlichen Grüßen
……………………………………….“
(Arbeitgeber)
Hinweispflicht des Arbeitgebers auch für Verjährung des Urlaubsanspruchs
Nach aktueller Rechtsprechung besteht die Hinweispflicht des Arbeitgebers auch, damit der Urlaubsanspruch „in natura“, also der Anspruch auf bezahlte Freistellung während des bestehenden Arbeitsverhältnisses, verjähren kann. Ohne entsprechenden Hinweis des Arbeitgebers beginnt die dreijährige Verjährungsfrist erst mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem der Arbeitgeber seine urlaubsrechtlichen Mitwirkungspflichten erfüllt hat.