Widerruf bei Verträgen mit Verbrauchern

Bei Verträgen mit Verbrauchern gelten besondere Regeln. Dabei hat das Widerrufsrecht in der Praxis die wohl wichtigste Bedeutung. Dieses bereits seit Mitte Mai 2014 bestehende Recht erlaubt es Verbrauchern unter bestimmten Umständen, einen Vertrag ohne Angabe von Gründen rückgängig zu machen.

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Problematische Fallkonstellationen

Das Widerrufsrecht betrifft insbesondere Handwerker, die mit Verbrauchern am Telefon, per E-Mail oder außerhalb ihrer Geschäftsräume Verträge schließen. Diese Kunden können auf solche Weise abgeschlossene Verträge innerhalb von 14 Tagen ohne Begründung widerrufen. Der Zeitraum verlängert sich um ein Jahr, wenn der Handwerker hierüber zuvor bei Vertragsschluss nicht aufgeklärt oder das Muster-Widerrufsformular nicht ausgehändigt hat. Wenn der Verbraucher den Vertrag innerhalb der Widerrufsfrist widerruft, ist die Rechtsfolge, dass der Unternehmer für seine Werkleistung trotz vollständig (mangelfrei) erbrachter Leistung von dem Verbraucher weder den vereinbarten Werklohn noch Wertersatz für die erbrachte Leistung bekommt. Dies Ergebnis wurde zuletzt durch Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 17.05.2023 bestätigt (vgl. Pressetext des EuGH zur Rechtssache C-97/22).

Verträge so schließen, dass kein Widerrufsrecht ausgelöst wird

Das erhebliche Kostenrisiko sollten Betriebe unbedingt vermeiden, indem entweder keine Verträge außerhalb von Geschäftsräumen oder keine anderen ein Verbraucherwiderrufsrecht auslösende Verträge (z.B. Fernabsatzverträge) geschlossen werden oder – sofern dies nicht möglich ist - indem jedenfalls alle hiermit zusammenhängenden Pflichten erfüllt werden.

Um zu verhindern, dass ein Widerrufsrecht entsteht, ist folgendes Vorgehen zu empfehlen:

  1. Der Vertrag wird in den Geschäftsräumen des Betriebes geschlossen und zwar bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Vertragsparteien (Betrieb und Kunden).
  2. Falls der Vertrag nicht in den Geschäftsräumen des Betriebes, sondern über Fernkommunikationsmitteln wie z.B. Post, E-Mail, Telefon, Fax o.ä. geschlossen werden soll, ist vor Vertragsabschluss zumindest ein persönlicher Besprechungstermin mit dem Kunden durchzuführen (beispielsweise auf dessen Grundstück), bei dem vertragliche Einzelheiten wie z.B. Leistungsumfang, Preise etc. besprochen werden. Das Ergebnis dieser individuellen mündlichen Verhandlungen ist dem Kunden anschließend im Sinne eines schriftlichen Angebots zusammenzufassen und zu übermitteln, der dieses dann im Gegenzug im Sinne einer Angebotsannahme per Post, E-Mail, Telefon, Fax o.ä. bestätigt.
  3. Ein in der Praxis häufig vorkommender Vertragsabschluss direkt beim Kunden, etwa per Handschlag, sollte vermieden werden, weil dies immer dazu führt, dass dem Kunden ein Widerrufsrecht zusteht. Für Betriebe empfiehlt sich auch hier die folgende Vorgehensweise: Vor Vertragsabschluss wird lediglich ein persönlicher Besprechungstermin mit dem Kunden vor Ort durchgeführt. Der Kunde erhält anschließend zusammengefasst ein schriftliches Angebot, das er dann per Post, E-Mail, Telefon, Fax o.ä. im Sinne einer Angebotsannahme bestätigen kann.

Alternative: ordnungsgemäße Belehrung über das Widerrufsrecht

Sofern die vorgenannten Optionen für den Betrieb nicht in Betracht kommen, muss der Kunde vor Abschluss des Vertrages ordnungsgemäß über sein 14-tägiges Widerrufsrecht belehrt werden. Anderenfalls verlängert sich das Widerrufsrecht um 1 Jahr mit der Folge, dass der Kunde auch noch nach einem Jahr den Vertrag widerrufen könnte und der Betrieb den Anspruch auf den Werklohn verlieren und etwaige bereits erhaltenen Zahlungen an den Kunden zurückzahlen müsste - unabhängig davon, ob die erbrachte Leistung vollständig und mangelfrei ist.

Besondere Vorsicht ist bei Arbeitsbeginn vor Ablauf der Widerrufsfrist geboten. Will der Kunde, dass der Betrieb sofort anfängt, also vor Ablauf der zweiwöchigen Widerrufsfrist, sollte unbedingt vorher die schriftliche Bestätigung des Kunden eingeholt werden, dass er über den Verlust seines Widerrufsrechts bei vorzeitigem Beginn informiert wurde. Ansonsten besteht auch hier die Gefahr des vollständigen Verlusts des Vergütungsanspruchs.

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) hat nachfolgendes Erklärvideo zum Thema „Widerruf bei Verträgen mit Verbrauchern“ online gestellt.

 

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