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Handwerkerregelung im Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetz
Hinweise von Fahrschulen zu Weiterbildungsvorschriften nach dem Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetz (BKrFQG) sorgen bei Handwerksbetrieben immer wieder für Verunsicherung. Es gibt jedoch eine sogenannte „Handwerkerregelung“, eine Ausnahmeregelung für Fahrer, deren Hauptbeschäftigung keine Fahrtätigkeit ist und die Materialien oder Ausrüstungen befördern, die sie zur Berufsausübung verwenden
Raphael Lindlar Beratungsstelle für Innovation und Technologie (BIT), Umweltberater, zertifizierter Wirtschaftsmediator Telefon 0451 38887-745 rlindlar@hwk-luebeck.de
Regelungsbereich generell
Für Kraftfahrer im Personenverkehr bzw. im gewerblichen Güterverkehr (einschließlich Werkverkehr) mit Fahrzeugen über 3,5 t Gesamtgewicht sind grundsätzlich Grundqualifikations- und Fortbildungsmaßnahmen vorgeschrieben. Durch das Gesetz soll die Qualifikation von Berufskraftfahrern verbessert und unter anderem Wissen über Sicherheitsstandards, gesetzliche Regelungen und umweltschonende Fahrweisen vermittelt werden.
Das Berufskraftfahrerqualifikationsgesetz gilt für alle Fahrten im Güterkraft- oder Personenverkehr zu gewerblichen Zwecken (einschließlich Werkverkehr) auf öffentlichen Straßen mit Kraftfahrzeugen, für die eine Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, C1E, CE, D1, D1E, D oder DE erforderlich ist.
Im Wesentlichen handelt es sich dabei um die Führerscheinklassen für Fahrzeuge, die dem Transport von acht und mehr Fahrgästen dienen, bzw. eine Gesamtmasse mit mehr als 3,5 Tonnen haben.
Ausnahmeregelung für das Handwerk
Von besonderer Bedeutung für das Handwerk ist die Ausnahmeregelung gemäß § 1 (2) Nr. 5 BKrFQG: Ausgenommen von allen Grund- und Weiterqualifikationsbestimmungen sind die Lenker von …
„Kraftfahrzeugen zur Beförderung von Material oder Ausrüstung, das der Fahrer oder die Fahrerin zur Ausübung des Berufs verwendet, sofern es sich beim Führen des Kraftfahrzeugs nicht um die Hauptbeschäftigung handelt.“
Eine Gewichtsobergrenze und ein maximaler Entfernungsradius bestehen nicht!
Durch die zwischen Bund und Ländern vereinbarte Interpretation dieser Ausnahmeregelung fallen im Wesentlichen alle handwerklichen Transporte unter die Ausnahmeregelungen soweit keine hauptberuflichen Fahrer eingesetzt werden.
Wann gilt die sogenannte Handwerkerregelung, das heißt die Ausnahmeregelung für Fahrer, deren Hauptbeschäftigung keine Fahrtätigkeit ist und die Material oder Ausrüstung befördern, das sie zur Berufsausübung verwenden (§ 1 Abs. 2 Nr. 5 BKrFQG)?
Folgende Voraussetzungen müssen dazu erfüllt sein:
Bei den beförderten Gütern muss es sich um Material oder Ausrüstung mit Bedeutung für die Berufsausübung des Fahrers handeln. Die Begriffe „Material oder Ausrüstung“ sind weit auszulegen. In Betracht kommt eine zur Erbringung von Dienst- und Werkleistungen notwendige Beförderung von Werkzeugen, Ersatzteilen, Bau- und Einkaufsmaterialien, Werkstoffen, Geräten, sonstigem Zubehör sowie der An- und Abtransport von Waren und Geräten, die im Handwerksbetrieb hergestellt oder repariert werden. Erfasst wird danach auch der Transport von einzubauenden Produkten wie Fenster oder Generatoren.
Das Führen des Kfz darf nicht die Haupttätigkeit des Fahrers darstellen. Das ergibt sich unter anderem daraus, wie viel Zeit der Transport von Gütern neben den übrigen Aufgaben regelmäßig in Anspruch nimmt (arbeitsvertragliche Hauptleistung). Für die Ausübung einer arbeitsvertraglichen Nebenleistung spricht, wenn die Fahrtätigkeit gegenüber den weiteren Pflichten im Rahmen des Arbeitsverhältnisses nur eine untergeordnete Rolle spielt. Als Indiz kommt darüber hinaus die Branchenzugehörigkeit und eine besondere über die Fahrtätigkeit hinausgehende Berufsqualifikation in Betracht. Die Tätigkeiten des Fahrers am jeweiligen Fahrtag sind für sich allein nicht ausschlaggebend. Erforderlich ist stets eine Gesamtschau aller Umstände des Einzelfalls.
Darüber hinaus wird vorausgesetzt, dass der Fahrer mit der Ware oder dem Material, das er transportiert, im Rahmen des im Betrieb anfallenden Arbeitsprozesses in Berührung kommen muss und diese oder dieses nicht nur transportieren bzw ausliefern darf.
Nur wenn die vorgenannten Voraussetzungen zugleich erfüllt sind, ist die sogenannte Handwerkerregelung anwendbar und das Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetz (BKrFQG) gilt nicht.
Erläuterungen
- Die Begriffe „Material und Ausrüstungen“ schließen auch für die Arbeit notwendige Maschinen mit ein.
- Die Begriffe „Material und Ausrüstungen“ schließen auch im Lebensmittelhandwerk hergestellte Waren ein, die durch Handwerker zu Filialen der Betriebe geliefert werden (laut Auskunft der BAG).
- Ein Bauhandwerker, der Material zur Baustelle befördert und anschließend damit arbeitet, fällt unter die Ausnahme und ist nicht fortbildungspflichtig.
- Die Abholung defekter Fahrzeuge durch KFZ-Handwerker ist in die Ausnahme eingeschlossen (laut Auskunft der BAG, außerdem wird auch auf die Ausnahme des § 1 Abs. 2 Nr. 4 Ziffer a BKrFQG verwiesen.)
- Die reine Auslieferung von Möbeln unterliegt nicht der Ausnahme, da trotz Montage vor Ort, regelmäßig die Transporttätigkeit überwiegt.
Frage der Hauptbeschäftigung
Das Führen des Kraftfahrzeugs darf jedoch nicht die „Haupttätigkeit“ des Fahrers darstellen. Grundsätzlich ist darauf abzustellen, wie viel Zeit der Transport von Gütern neben den übrigen Aufgaben regelmäßig in Anspruch nimmt (arbeitsvertragliche Hauptleistung). Als weitere Indizien kommen die Branchenzugehörigkeit (z.B. selbstständiger Handwerker) und eine besondere über die Fahrtätigkeit hinausgehende Berufsqualifikation in Betracht. (Auszug aus Bund-Länder-Vereinbarung, Quelle BAG)
Wie kann bei Kontrollen nachgewiesen werden, dass es sich beim Führen des Kfz nicht um die Hauptbeschäftigung des Fahrers handelt? Das Mitführen bestimmter Nachweise ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Allerdings können eine Kopie des Arbeitsvertrages oder auch ein schriftlicher Nachweis des Arbeitgebers, aus dem die arbeitsvertragliche Hauptleistung erkennbar ist (z.B. Arbeitsauftrag) als Nachweis dienlich sein und zur Beschleunigung von Kontrollen beitragen.
Quelle: Dr. C. Benke/ ZDH